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Bürgermeister Wohlgemuth stimmt für Bauerngut-Neubau: Die wirtschaftlichen Vorteile überwiegen

 blau und kursiv: unsere notwendigen Kommentare

 VON MICHAEL WERK

 BÜCKEBURG. Die Entscheidung ist gefallen: Der Bückeburger Fleisch- und Wurstwarenhersteller Bauerngut darf das von ihm geplante Logistikzentrum in der Feldmark am Hasengarten bauen. Der Rat der Stadt hat die dafür erforderliche Änderung des Flächennutzungsplanes und die Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 93 „Bauerngut“ mit deutlicher Mehrheit beschlossen: 24 Ratsmitglieder stimmten dafür, zwei dagegen – und zwei enthielten sich. Mit dem Beschluss ist die planungsrechtliche Voraussetzung für das Bauvorhaben geschaffen worden.

 Damit endet eine unendliche Geschichte, die schon 2019 mit dem nichtöffentlichen Erwerb des jetzigen Baugrundstücks durch die Stadt Bückeburg begonnen worden ist. Schon damals äußerten sich Landrat Farr (oder der damalige Bürgermeister Brombach) erfreut dazu und bemerkten, dass die Fläche südlich des Neubaus gut für zusätzliche Erweiterungen geeignet sei. 

 Der Beschlussfassung ging eine Debatte voraus, bei der die Fraktionen ihre Meinungen zu diesem auch in der Öffentlichkeit kontrovers diskutierten Streitthema noch einmal zum Ausdruck brachten.

So erklärte Bürgermeister Axel Wohlgemuth (CDU), das Halten und die Neuansiedelung von Gewerbe seien von „immenser Bedeutung“ für die Stadt Bückeburg, damit diese attraktiv bleibe. Zur Begründung verwies er sinngemäß auf die daraus resultierenden Steuereinnahmen, die die Stadt zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötige; ebenso auf die mit den Arbeitsplätzen verbundene Kaufkraft der Beschäftigten, von der wiederum die lokale Geschäftswelt profitiere.

 Diese Ausführungen umschreiben die Erpressung des Rats der Stadt durch EDEKA/Bauerngut mit der Drohung, das Fleischwerk zu schließen, wenn der Neubau des Logistikzentrums im Landschaftsschutz nicht genehmigt werde. 850 Arbeitsplätze wurden benutzt, um den Rat auf Konzernlinie zu bringen. Eine Garantie für den Erhalt der Arbeitsplätze gibt es jedoch nicht. 

 Ja, der geplante Neubau greife in das Landschaftsbild ein, räumte Wohlgemuth ein. Jedoch habe man immer wieder Abwägungen vorgenommen, mit dem Ergebnis, dass immer wieder mehrheitlich für das Bauvorhaben gestimmt worden sei. Denn die wirtschaftlichen Vorteile überwögen.

 Richtig wäre, dass die wirtschaftlichen Nachteile für die Stadt und ihre Bürger groß wären, wenn der Konzern die Stadt verlassen würde. Das ist der einzige Umstand, vor dem der Rat Angst haben musste. Die Steuereinnahmen werden sich jedoch drastisch reduzieren. Durch den Neubau des Logistikzentrums werden steuerliche Abschreibungen vorgenommen, die die Gewerberbesteuerlast von Bauerngut auf 15 Jahre minimieren. Nebenbei bemerkt sei, dass ein Logistikzentrum generell keine Gewinne erzielen kann und deshalb auch keine Gewerbesteuern zahlen muss.

 Die Bedenken der Kritiker nehme man ernst, und die heutige Entscheidung treffe man nicht leichtfertig, sagte Iris Gnieser, Vorsitzende der CDU-Ratsfraktion. Es gehe um eine „ausgewogene Balance“ zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Umweltschutz. Vonseiten der CDU sei man aber überzeugt, dass der Bau des Logistikzentrums „unsere Stadt voranbringt“. Bauerngut sei nämlich ein zuverlässiger Arbeitgeber und ein bedeutender Steuerzahler.

 Die Abwägungsvorschläge für eine “ausgewogene Balance” kamen (wie gesetzlich vorgesehen) ausschließlich von den Planern des EDEKA-Konzerns. 

Die Zuverlässigkeit des EDEKA-Konzerns als Arbeitgeber konnte bei der Backwarenfabrik Schäfers in Kleinenbremen beobachtet werden, die vor einigen Jahren sang- und klanglos geschlossen wurde. Großkonzerne wie EDEKA sind nicht an eine Region gebunden und schließen Standorte bei Bedarf ohne zu zögern.  

 Es sei ein „schwieriger Entscheidungsprozess“ gewesen, pflichtete Sandra Schauer-Bolte, Vorsitzende der Ratsgruppe SPD/Die Linke, bei. Letztlich sei es um eine Abwägung zwischen den Argumenten Arbeitsplätze, Gewerbesteuern und Wirtschaftskraft versus Schutz von Boden und Natur gegangen. Dass die SPD für das Bauvorhaben stimme, begründete Schauer-Bolte eigenen Worten nach nicht zuletzt auch damit, dass viele Leistungen der Stadt Bückeburg von deren Steuereinnahmen abhängen.

 Richtig wäre, dass die wirtschaftlichen Nachteile für die Stadt und ihre Bürger groß wären, wenn der Konzern die Stadt verlassen würde. Verlorener Boden und zerstörte Natur sind dabei jedoch unwiederbringlich verloren. Eine Arbeitsplatzgarantie, sowie eine Standortgarantie gibt es nicht, die Gewerbesteuereinnahme reduziert sich erheblich. Was genau wurde hier abgewogen?

 „Heute ist ein trauriger Tag“, befand dagegen Cornelia Laasch (Grüne). Eine Fläche, die bisher der Landwirtschaft und Erholung vorbehalten gewesen sei, werde in ein Gewerbegebiet umgewandelt. Das von Bauerngut geplante Hochregallager (Logistikzentrum) sei jedoch erst der Anfang, prognostizierte sie. Denn der alte Betrieb des Unternehmens sei inzwischen steuerlich abgeschrieben, ein diesbezüglicher Neubau in dem Landschaftsschutzgebiet am Hasengarten nur noch eine Frage der Zeit. Mehr noch: Bald werde der gesamte Bereich bebaut sein.

Andreas Paul Schöniger (Freie Wähler) meinte, mit größeren Bemühungen vonseiten der heimischen Landtags- und Bundestagsabgeordneten hätte man für das Logistikzentrum auch einen Alternativstandort auf dem benachbarten Bundeswehrübungsgelände finden können.

Der Ratssitzung wohnten etliche Gegner des Bauvorhabens bei, die mit einem Transparent gegen den Bau des geplanten Logistikzentrums protestierten.

 Es waren mehr als “etliche”. Ca. 80 Gegner der Logistikzentrums waren bei der Ratssitzung im Hubschraubermuseum anwesend und belohnten die Rede von Ratsfrau Cornelia Laasch (Die Grünen) mit lang anhaltendem Beifall. 

 Im Rahmen des Bauleitplanverfahrens waren von Bauerngut mehrere Gutachten in Auftrag gegeben worden, die sich etwa mit der Frage der Umweltverträglichkeit des geplanten Logistikzentrums befassten: Dabei ist das Fachbüro Bertram Mestermann/Büro für Landschaftsplanung (Warstein-Hirschberg) in seinem Umweltbericht zu dem Schluss gekommen: „Erhebliche nachteilige Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft, biologische Vielfalt, Natura-2000-Gebiete, Mensch, Gesundheit, Bevölkerung sowie kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter durch schwere Unfälle oder Katastrophen sind nicht zu erwarten.“ Zur Vermeidung und Minderung von nachteiligen Projektwirkungen würden entsprechende Maßnahmen benannt.

 Die Gutachten kamen ausnahmslos von den Planern von EDEKA/Bauerngut, die (wie gesetzlich vorgesehen) die Planung im Auftrag und auf Rechnung des Konzerns durchgeführt haben. Auch hier verwundert es nicht, dass die wirtschaftlichen Belange von EDEKA ausnahmslos über den Schutz von Natur und Landschaft gestellt wurden und die vielfältigen negativen Auswirkungen als “zu vernachlässigen” beurteilt wurden.